Amboss-Mag:
Live 02.11.2003 Bielefeld (Falkendom /+ End + Spritual Cramp)
Die Provinz gab sich mal wieder die Ehre
und entliess drei ihrer Bands auf die
Bühne des Falkendoms. Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr. Da irrten die Veranstalter.
Denn als wir gegen 19.45 nach einem, mal wieder, enttäuschenden Premiere
Fußball
Nachmittag die Tür zum Laden passierten, war man noch dezent beim Soundcheck.
Irgendwie schien man zu dieser Zeit, die richtigen Knöpfe und richtigen
Stecker nicht
ganz in die dafür vorgesehenen Buchsen verfrachtet zu haben, was leider
wieder mal
END zu spüren bekamen. Kämpfte man beim Black Elben Festival mit dem Mikrofon,
war das Feindbild heute die Boxen. Musikalisch war alles im soliden Bereich.
Straighte
Doom Orgien, ein betörender Gesang, tiefdüstere Melodien. Nach einer kurzen
Unterbrechung war aber alles im grünen Bereich und die Band überzeugte
mit einem
dunklen Wall of Sound. Neben deutschen Stücken wie "Diplomat" hat die
Band mit
"Sphere" oder "on winters earth" wahre Kracher im Programm. Am Schluß
blieb mit
"der Duft" auch noch Zeit für eine Zugabe. Musikalisch gelungen, bleibt
zu hoffen
diese Band irgendwann, irgendwo ohne technische Probleme zu sehen. Allein
der
hervorragenden Stimme zu Liebe.
SPIRITUAL CRAMP sorgten dann zwischenzeitlich für einen kleinen Kulturschock.
Nicht Gitarren stehen im Vordergrund, sondern die Melancholie der Elektronik.
War
es früher allein das Cover von Bauhaus ("Passion of Lovers"), welches
in bleibender
Erinnerung blieb, sind es heuer ihre eigenen Songs. Dabei gehen sie sehr
variabel zu
Werke und wechseln sie des öfteren während des Sets. Sängerin Yvonne steht
im
Vergleich zu früher nicht immer im Mittelpunkt. Mittlerweile besticht
vor allem Stefan
mit seinen Gesangseinlagen, er ist es auch, der immer wieder die Kommunikation
mit
dem Publikum sucht und heute vor allem beim Song "colours" vom gleichnamigen
Album ('97) einen perfekten Entertainer mimte. Bei "A Stair into Mind"
darf dann
Keyboarder Holger in einem gelungenen gesanglichen Duett mit Yvonne einsteigen.
Als Hauptact des Abends kamen dann die Goth Rocker von Reptyle nach kleinen
Ausflüchten gen Osten mal wieder auf die heimische Bühne. Das als Record
Release Party angekündigte Konzert trug seinen Namen zu Unrecht, da das
Release
Datum ihrer aktuellen CD ein weiteres Mal (auf Januar) verschoben wurde.
Aber
wen interessiert ein Motto.
Die Bandmitglieder hatten sich richtig schick gemacht und überraschten
mit Slips-Outfit.
Passend zu diesem Outfit hatte man wohl dem Alkohol nicht im entsprechenden
Maße
zugesprochen, was dem Auftritt eine zusätzliche Solidität verschaffte.
Allerdings
fehlte dadurch ein wenig das Punk Feeling früherer Auftritte. Nach dem
kurzem Intro
stieg man mit dem Opener "Light" dann in Songs des neuen Albums ein. "In
hell" ist
ein Eintauchen in traditionellen Gothic Rock, welche durch die rohen Stimmbänder
des
Sängers noch verstärkt werden. Die Gitarren liefern den typischen schrebbeligen
Sound der 80er. "Descent to heaven", welches etwas elektronisch beginnt,
kam in
einer ausgereiften Neufassung in die Gehörgänge des Betrachters. Wenn
man denkt,
dieser Song besticht durch einen eingängigen Refrain, wird man beim folgenden
Green Land noch mal von der straighten Melodieführung der Band überrascht.
Denn
dieses "Greenland" schleicht sich ohrwurmgleich in die Gehörknöchelchen.
Dabei
gelingt es dem Sechser (zwei Gitarren, Keys, Bass, Gesang, Drums) immer
wieder
geschickt, gestreute Tempiwechsel zu setzen. Die Melodie mit Saitenattacken
zu
düpieren und sie gleichwohl doch zu huldigen. Drei Songs ragten aus dem
Programm
heraus, da ist zum einen "just another message", hier bekommt jeder über
30 nostalgische
Gefühle. Das songwriterisch auf höchsten Niveau agierende "anyway grateful"
und das
nicht gespielte "redemption street" (kleiner Scherz). Für heutige Veröffentlichungskriterien
ist die Band viel zu schnell und hat schon wieder einige neue Songs geschrieben,
welche
hier auch erstmals zu Live Ehren kamen. Diese Songs zeugen nicht nur von
Ideenreichtum,
sondern auch von einer enormen qualitativen Weiterentwicklung. Allerdings
sollte die
Band Live wieder ihrem Säufer Image etwas mehr Aufmerksamkeit schenken..
Gothic Rock
kann auch eine geniale Party sein.
Andreas
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