Amboss-Mag:
25.04.2001 Hannover (Labor) + CINEMA STRANGE

Nach langer Suche, und einer Stadttour durch Hannover erreichten wir gegen 20 Uhr
den Laden, der eigentlich leicht zu finden an der Uni lag. Die Befürchtung, dass
dieses Konzert ausverkauft sein könnte, löste sich angesichts der knapp 70 Gestalten
vorm Eingang in Luft auf. Man hatte wohl damit gerechnet das die Amerikaner von
Cinema Strange mehr Leute ziehen würden. Wer sich noch an die Gästebucheintragungen
nach meinen letztjährigen Konzertbericht dieser Band und die mir entgegen gebrachten
Beleidigungen erinnert, wird verstehen, dass ich diesmal nur über die Vorband "Reptyle"
berichte. Zum einen war sie der Grund meiner Anwesenheit, zum anderen waren sie besser.
Nach einem kurzen Intro betraten die fünf Mitglieder die Bühne. Leider mußte das Sechste
(Schlagzeuger) wegen Krankheit passen. Gleich mit dem ersten Song "just another message"
(auch der Opener auf der aktuellen MCD/ siehe Reviews) fesselten die Bielefelder mit
druckvollem und atmosphärischen Gothic-Rock. Sänger Zulu schafft es auch live, seine
Stimmbänder zwischen Eldritch und Mc Coy pendeln zu lassen. Dazu kommt seine an Nick
Cave erinnernde arrogante Ausstrahlung. Ob der extreme Zigarettengenuß (5 Stück in einer
halben Stunde) als Unterdrückung der Nervosität oder dem Auftanken der Rauhheit in seinem
Gesang diente, war nicht raus zu finden. Das folgende "Hours" war eine Mischung aus
melodischen Keyboard Sequenzen und düsteren, etwas härter gespielten Gitarren. Mit "Anyway
grateful" von ihrer ersten CD wurde die Weiterentwicklung der Band deutlich. Nicht nur, daß
der Gesang wesentlich reiner und abwechslungsreicher klang, auch musikalisch war das
Zusammenspiel von den zwei Gitarristen, Bass, Keyboard und dem notwendigerweise vom
Band kommenden Drums perfekt aufeinander abgestimmt. Ein besonderes Schmankerl gab
es mit der Cover Version "Giving Ground" von Sisterhood. Das Original wurde komplett
überarbeitet. Die in dem Song aus den 80ern vorherrschenden elektronischen Elemente wurden
fast komplett in ein kompaktes Saitenspiel verwandelt. Daneben überzeugte man auch mal mit
ruhigeren Klängen, wie in dem traurigen, balladesken "May 18th", für mich einer der besten
Songs der Band. ( Liebe Grüße an Slash ). Mut bewies die Band zudem mit dem fast 9 minütigen
Schlußsong "Despair", der mit ausufernden Gitarrenorgien und wilden, fast krankhaften Gesang
das Publikum mit einem Orkan verabschiedete. Hier wurde auch die Spielfreude der Musiker deutlich,
die beiden Gitarristen Keule und Slash lieferten sich ein Kampf auf musikalischer Ebene ohne
Sieger. Reptyle sind mit Sicherheit eine der hoffnungsvollsten Bands im Düster Rock Bereich.
Schön, dass man dieses auch live offenbart. Warum ich das erwähne? Nun ihr wißt schon, danach
spielten Cinema Strange, und da ist es so eine Sache mit der Liveumsetzung.

Andreas