Interview Refraktor Ausgabe
33 (Dezember 2004)
Hi Reptyle! Es ist fast zwei jahre her, als
wir uns das erste mal unterhalten haben, seid dem hat sich einiges bei
Reptyle getan. Ihr habt einen Plattenvertrag in der Tasche und habt im
Vergangen Winter auch noch eure "offizelle" Debüt Scheibe veröffentlicht.
Erzählt doch mal ein wenig genauer, was sich alles in den letzten 1 3/4
Jahren bei euch so getan hat.
Slash:
Also, die letzten 1 3/4 Jahre waren veröffentlichungstechnisch ein
großer Fortschritt, da wir nach zähen Wochen und Monaten endlich unseren
ersten offiziellen Tonträger am Markt haben. Die Arbeiten daran waren
nerven- und zeitintensiv, aber letztendlich hat es sich auf jeden Fall
gelohnt. Nebenbei haben wir auch immer mal Live-Gigs gespielt, allerdings
nicht so intensiv, wie wir es davor praktiziert haben. Jetzt sind wir
aber endlich wieder "on the road" und werden im Herbst unser Album auch
wieder verstärkt auf die Bühne bringen.
Eure Besetzung ist immer noch die alte, oder
hat sich da auch etwas verändert?
Slash:
Die Besetzung ist nach wie vor beständig - was auch ein wichtiges
Faktum ist, um ein gewisses Arbeitstempo i.S. neue Stücke beizubehalten.
Zwischendurch hatten wir jemand, der uns bei den Booking-Geschichten unterstützt
hat, dies aber aus Zeitmangel wieder einstellen musste. Im Westen nichts
Neues also...
3. Momentan ist ja wieder mal Gothic / Death
Rock groß im kommen. Findet ihr diese Entwicklung gut, oder befürchtet
ihr eine Überschwemmung an Gothic Veröffentlichungen - so das sich der
Momentane Trennt auch ganz wieder schnell kippen kann?
Zulu:
Ich sehe da eigentlich keinen 'Trend' - gut, es sind in letzter Zeit
verstärkt Bands rausgekommen, die im weitesten Sinne Goth/Death Rock machen,
aber abgesehen von dieser grundsätzlichen Gemeinsamkeit machen diese Bands
doch meist ganz unterschiedliche Sachen, so daß man da nicht von einer
kommerziell standardisierten Formel sprechen kann, und das gehört für
mich zu dem Negativbegriff 'Trend' dazu. Entscheidend ist für mich, das
Goth/Death Rock nach wie vor eine Sache für 'Überzeugungstäter' ist und
nix für Leute, die nach einem Nummer-Sicher-Verfahren aufs schnelle Geld
aus sind. Solange das so ist, mache ich mir keine Sorgen.
4. Was denkt ihr, wie wichtig ist inder heutigen
Gothic Musiklandschaft das Image und das visuelle Erscheinungsbild einer
Band?
Zulu:
Da wir uns nicht als Image/Outfit/Theater-Band sehen, muß ich wahrscheinlich
sagen: Teilweise zu wichtig. Manchmal habe ich den Eindruck, daß sich
Musiker (und Fans) regelrecht hinter Äußerlichkeiten verstecken, und das
finde ich seltsam, denn ursprünglich ging's doch bei diesen ganze Stilfragen
mal darum, gerade das Innere nach Außen zu kehren, und nicht darum, das
Äußere das Innen verdrängen zu lassen - oder? Letztlich muß jede/r selbst
wissen, ob nun Musiker oder nicht, wie er/sie beides in Einklang bringt...
5. Glattgebügelte Popstars bestimmen ja immer
mehr die Charts. Würde sich der rein oder andere von euch in irgendeiner
Form glattbügeln lassen, um dadurch von der Musik leben zu können? Und
wo fängt glattbügeln bei euch an?
Zulu:
Ich denke, von 'glattbügeln' kann man dann reden, wenn man aus kommerziellen
Gründen etwas anders macht, als man es täte, wenn man den kommerziellen
Aspekt ignoriert. Das sagt jetzt wahrscheinlich jeder, aber: Das kommt
bei uns nicht in Frage. Das ist auch noch nie passiert. Wir machen das
hier in erster Linie für uns selbst, in zweiter Linie, um die Leute zu
erreichen, die dazu in der Lage sind, sich erreichen zu lassen... Wenn
dabei Kohle abspringt, umso besser. Aber wir spielen nicht für irgendeinen
"Markt".
6. Wie bereits eben erwähnt, ist euer Album
"A high and lonely place" vor einiger Zeit erschienen. Wie seid ihr selber
mit dem Album im nachhinein zufrieden, welche Reaktionen, Rezensionen
habt ihr darauf erhalten?
Slash:
Mit dem Feedback auf das Album sind wir sehr zufrieden, da es durchgehend
positiv war und wir mit dem Album ja sogar in den Native 25-Charts vertreten
waren. Natürlich würde man im Nachhinein dies oder jenes soundtechnisch
immer etwas anders gestalten, aber das ist wohl der natürliche Lauf der
Dinge. Musikalisch stehen wir nach wie vor natürlich voll hinter dem,
was wir da abgeliefert haben.
7. Sind die Songs auf "A high and lonely place"
alles neue Stücke gewesen, oder habt ihr auf dem Album erst einmal Songs
von euren früheren Demo`s in überarbeiteter Form veröffentlicht?
Slash:
Die Stücke auf "A high and lonely place" sind schon alles exclusiv
eingespielte Album-Tracks - da die Promo-EP "Descent to heaven" ursprünglich
auch nur für Bemusterungszwecke im Rahmen unserer Labelsuche gemischt
wurde, sind diese Songs natürlich auch auf dem Album erschienen, allerdings
in neuen, "knalligeren" Mixen.
8. Wie sieht es mit einem neuen Album bei Reptyle
aus? Sind dafür bereits Songs fertig, wann kann man mit einem neuen Reptyle
Album rechnen?
Zulu:
Ja, wir haben schon wieder zehn bis fünfzehn Songs fertig, und wir
nehmen momentan die Demos für das nächste Album auf. Wir planen grob auf
eine Veröffentlichung im nächsten Frühjahr bis Sommer, aber genaueres
können wir noch nicht sagen. Stay tuned, wenn die Zeit reif ist, gibt
es Näheres...
9. Steht für das neue Album bereits der Titel
fest, oder wird der heute und hier noch nicht verraten?
Zulu:
Wird noch nicht verraten. Es gibt so verschiedene Überlegungen, Arbeitstitel
halt.
10. Gibt es bei der Erschaffung eurer Songs
eine klare Aufgabenteilung oder läuft es ehr unter der Rubrik organisiertes
Chaos?
Zulu:
Organisiertes Chaos, oder die berühmte Tollheit mit Methode... Alle
sind am Songwriting beteiligt, nur die Texte schreibe ich. Das macht die
Sache aus unserer Sicht unberechenbarer, unvorhersehbarer, und damit spannender.
11. Wenn bei euch das Songwriting anfängt, empfindet
das irgend jemand von euch als Streßsituation?
Zulu:
Nein - wie gesagt, dadurch, daß alle beteiligt sind, gibt es selten
einen Ideenmangel, aus dem ein bestimmter Druck oder Streß entstehen könnte.
Die Herausforderung besteht eher darin, die Ideen zu kanalisieren, aber
das macht natürlich hauptsächlich den Reiz der Sache aus.
12. Entstehen Reptyle Songs aus dem Bauch oder
ehr aus einer Idee heraus?
Slash:
Die Stücke entstehen aus dem Bauch heraus und nicht nach dem Motto
"Jetzt müssten wir mal was in Richtung Death-Rock oder Punk oder so machen".
Sobald ein Grundgerüst vorhanden ist, wird der Song in den Proben zusammen
weiter entwickelt, bis entweder alle zufrieden sind oder der Song als
unbrauchbar gecancelt wird (was allerdings bislang eher die Ausnahme war).
Aber der Bauchfaktor ist schon das entscheidende Kriterium. Allerdings
achten wir im Entstehungsprozess schon darauf, dass wir nicht ausschließlich
10-Minuten-Stücke schreiben.
13. Ihr seid ja immer wieder Live unterwegs.
Nach welchen Kriterien wählt ihr die Songs für eine Auftritt aus?
Zulu:
Das ist ganz unterschiedlich. Hängt von der Situation ab, wo man
spielt, wie lange man spielt... Natürlich weiß man irgendwann, welche
Songs normalerweise am besten zünden; abgesehen davon sind wir allerdings
auch ganz experimentierfreudig, was die Gestaltung der Setlist angeht.
14. Habt ihr jemals Cover Versionen (live) gespielt?
Slash:
Oja, in der Vergangenheit haben wir uns an drei fremden Songs versucht.
"Giving Ground" von The Sisterhood war auf dem Sisters-Of-Mercy-Tribute
"The Violent Hour" von Equinoxe Records vertreten, außerdem haben wir
live auch ab und an "In Your Room" von Depeche Mode und "Come Undone"
von Duran Duran zum Besten gegeben. Das sollten aber jeweils nur Gimmicks
sein, das Hauptaugenmerk liegt bei uns schon auf eigenen Songs.
15. Würdet ihr gern mal einen Song covern? Wenn
ja, welcher song kämme da für euch in betracht?
Slash:
Wir werden ganz sicher noch mal den einen oder anderen Cover-Song
in unser Live-Programm einbauen, konkrete Pläne haben wir dafür aber noch
nicht. Ich finde es auch immer spannender, "szenefremde" Stücke zu bearbeiten
und zu verfremden, als die hundertste Cover-Version von "Love will tear
us apart" zu spielen, obwohl das natürlich ein großer Song ist... Im Gespräch
war vor längerer Zeit z.B. mal ein Motörhead-Song, und die 80er bieten
natürlich auch einen riesigen Fundus an Stücken, die man noch verbessern
könnte. Sei sicher, wir werden Euch und uns da sicher noch das eine oder
andere Mal überraschen...
16. Habt ihr neben selbst Musik zu machen auch
noch andere Interessen / Hobbys?
Zulu:
Elefantenzucht, mittelalterliche Kartographie... Das übliche halt...
Slash:
Schnaps brennen und Schnaps trinken.
17. Wie lebt es sich in der Region Bielefeld?
Wie sieht es in der Bielefelder Gothic Szene aus? Sind die Leute gegenüber
neuen Bands aufgeschlossen?
Slash:
Tja, was soll man dazu sagen... es gibt hier in der Gegend Einiges
an "szenetypischen" Veranstaltungen, richtig gut ist die "Guitarmen of
the Apocalypse"-Party im Forum. Mittlerweile gibt es ja doch so einige
Bands aus Bielefeld, die es bis zu einer Veröffentlichung geschafft haben.
Von daher würd ich sagen, dass die Leute hier schon relativ offen für
neue Bands sind.
18. Die Zeit der drüben Tage und langen Nächte
ist angebrochen. Ist dies die Jahreszeit die euch am meisten gefällt?
Zulu:
Nö, wir sind große Sonnenkinder *g* - aber im Ernst, alles hat seine
(Jahres- )Zeit. Für uns ist der Herbst immer die Hauptsaison für Gigs.
Noch ein Grund, sich warm anzuziehen ;-)...
19. Weihnachten steht kurz vor der Tür. Wie
werdet ihr Weihnachten verbringen?
Zulu:
Wie jedes Jahr: Wir werden ein Kalb opfern, um die (umgedrehte!)
Lamettapalme springen und zu fortgeschrittener Stunde die Weltherrschaft
an uns reißen...
20. Gibt es außer einer neuen Platte noch andere
Zukunftspläne?
Slash:
Also, Pläne gibt´s natürlich ne Menge... wenn nur die Hälfte davon
realisiert werden kann, dann werdet Ihr in nächster Zeit noch so Einiges
von uns auf die Ohren und Augen bekommen. Aber lasst Euch überraschen...
;-)
21. Ich möchte mich wieder bei euch für das
Interview bedanken und wünsche euch weiterhin viel Spaß und Erfolg mit
eurer Musik. Die letzten Worte in diesem Intie gehören euch.
Zulu:
Besten Dank für das Interesse. Immer
wieder ein Vergnügen... Man sieht sich vielleicht auf dem Herbst-Gig in
eurer Nähe (steht normalerweise auf unserer Homepage www.reptyle.de),
watch out!
Michael Strohschein
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