Artikel Sonic Seducer Juni 2007

Gut Ding will Weile haben

Wie oft wurde der klassische Gothic Rock schon für tot erklärt, schlecht geredet und als altbacken abgestempelt? Ganz klar, zu oft! Fakt ist jedoch, dass es immer wieder Veröffentlichungen gibt, die Fans des typisch britisch geprägten Düstersounds in Verzückung versetzen. Immer wieder erscheinen Bands auf der Bildfläche, bei denen es einfach unfair wäre, sie in einen Topf mit alten Helden wie den Sisters Of Mercy, The Mission oder Fields Of The Nephilim zu werfen, ohne ihnen ihre eigene Identität zuzusprechen. Dies ist zweifellos bereits des Öfteren mit Repytle geschehen, einer überaus talentierten Combo aus dem ostwestfälischen Bielefeld, die jetzt, drei Jahre nach ihrem offiziellen Debütalbum "A High And A Lonely Place", endlich mit einem neuen Longplayer nachlegen, und dies zusätzlich mit einem neuen Plattendeal im Nacken. Eine Platte, die vielen ungerechtfertigen Kritikern das Maul stopfen wird, jede Wette! Die beiden Gitarristen Keule und Slash präsentierten sich demzufolge von ihrer gesprächigsten Schokoladenseite, und plauderten mit uns über die neue Scheibe "Consequence", das überholte Band-Lineup und die Verzögerung, die sich beim Release des aktuellen Machwerks eingeschlichen hat.

"Grund für den verzögerten Release war zum einen, dass wir uns mixtechnisch doch noch relativ lange mit diversen Feinheiten aufgehalten haben und sich das anschließende Mastern auch ziemlich hingezogen hat. Dazu haben wir ja noch das Label gewechselt und sind jetzt bei Equinoxe Records gelandet, was sich natürlich auch auf den VÖ-Termin ausgewirkt hat. Wir sind aber davon überzeugt, dass sich die investierte Zeit auf jeden Fall gelohnt hat. Gut Ding will eben Weile haben!", erklärt Keule die Hintergründe. Als Bestandteil der Equinoxe Records-Familie werden Reptyle eine gute Figur machen, sind sie so doch in die illustren Kreise von alteingesessenen Bands wie The House Of Usher und Ikon aufgenommen worden. "Es gab verschiedene Labels, die Interesse an unserem neuen Albums hatten", berichtet Keule weiter, "das Angebot von Equinoxe Records hat uns am meisten zugesagt, also haben wir es angenommen. Zumal wir im Endeffekt bereits seit unserer Bandgründung regelmäßigen Kontakt zu Equinoxe haben, und es auch schon beim letzten Longplayer fast zu einer Zusammenarbeit gekommen wäre; mit ‚Consequence' hat es jetzt endlich geklappt. Die bisherige Zusammenarbeit läuft auch genau so, wie wir es uns vorgestellt und erhofft hatten." "Consequence" klingt wie die logische Fortführung von "A High And A Lonely Place". Die Gitarren flirren sinister, der Drums tickern, der Bass wummert, Zulu gibt alles am Mic, klingt variabler. Aber irgendwie wirken die Songs dann doch einen Tick bissiger, ja, sogar eingängiger. Keule nickt erfreut: "Das ist richtig, denn gerade das Songwriting haben wir natürlich weiter verbessert, und manche Songs kommen daher besser auf den Punkt. Ansonsten: unser Debüt war Gitarren-Goth, ‚Consequence' ist Gitarren-Goth und auch das nächste Album wird Gitarren-Goth sein, versprochen! Der große Unterschied zwischen den beiden Alben, ist die weitaus bessere Produktion als beim Debüt, da wir unser Know-How in den letzten Jahren natürlich gut erweitern konnten und dazu bei den Aufnahmen im Studio komplett neues Equipment benutzt haben." Auch in der Besetzung gab es einige Wechsel zu vermelden. "Ende des letzten Jahres haben uns unsere Bassistin Moci und unser Keyboarder Kufi leider aus zeitlichen Gründen verlassen. Am Viersaiter haben wir mit D(e)ad allerdings kurzfristig einen sehr fähigen Nachfolger gefunden, der seine Abschlussprüfung - ‚Hol' Bier!' - sogar mit Auszeichnung bestanden hat. Die Keys kommen vorerst von unserem Drumcomputer Marlene Dietrich, aber wir suchen natürlich weiter!", lacht Slash. Gerade in 2006 und im noch jungen Jahr 2007, haben Reptyle einige vereinzelte, sehr spezielle Showcases gespielt, so zum Beispiel beim coolen Burgnächte Festival in Rosslau im letzten Spätsommer. Slash bestätigt: "Wir haben im letzten Jahr zwar relativ wenig Live-Gigs gespielt, aber wir haben jedes Mal wertvolle Erkenntnisse gewonnen, was die Bühnenpräsenz angeht. Das Live-Spielen ist uns sehr wichtig, deswegen nehmen wir auch durchaus mal weitere Anfahrten in Kauf. Das Burgnächte-Festival in Rosslau war natürlich das Highlight im letzten Jahr, aber auch die Gigs in Leipzig und Luxemburg haben verdammt viel Spaß gemacht." Als Special Guest von Frank The Baptist im Bochumer Zwischenfall haben Reptyle die Feuertaufe des neuen Materials bereits bravourös überstanden, aber wie sehen die weiteren Planungen für die Zukunft der Reptilien aus? Keule beschließt das Interview: "Nun, wir warten natürlich erst mal gespannt auf die Reaktionen zum neuen Album, und hoffen, dass wir im Herbst einige interessante Gigs an Land ziehen werden, um das Album auch vermehrt live vorzustellen. Ansonsten: Weniger Dudelsäcke, female Goth Metal-Gejaule und nervtötendes ‚Nein-die-Boxen-sind-nicht-im-Arsch-so-klingt-das-Lied'-Gehämmere in den Szenediscos. Ach, und abseits der Musik: Dass der FC bald wieder in der ersten Liga mitspielen darf, jawohl!"

Thomas Thyssen